Rationierung
Heute kam ich zu einem Couvert mit Rationierungsmarken aus dem Ersten Weltkrieg. Mit dieser Rationierung waren 1‘500 Kalorien pro Tag abgedeckt. Zusätzlich war es aber so, dass einige Produkte (darunter Mehl und Kartoffeln) nicht in den versprochenen Mengen ausgeteilt werden konnten. Fleisch und Eier waren nie rationiert, jedoch für die Bevölkerung zu teuer. Machen wir uns auf eine kleine Zeitreise:
Auf der Rückseite der Käsekarte steht das Wert-Verhältnis, 100 g Marken berechtigten zu:
- 100 g fetten, 3/4 fetten oder 1/2 fetten Käse, oder
- 150 g 1/4 fetten oder Magerkäse, oder
- 200 g Weichkäse, Ziegenkäse oder Schabzieger
Auf der Brotkarte ist ebenfalls ein Wertverhältnis aufgedruckt: Anstelle von 1 kg Brot konnte 740 g Mehl bezogen werden.
Bei den Kartoffeln steht auf der Rationsmarke 5 kg Kartoffeln für die Saison 1918/1919. Im Frühling 1919 gab es dann eine Rationsmarke für zusätzlich 5 kg Kartoffeln.
- Im März 1917 Reis und Zucker
- Später Mais, Teigwaren, Hafer und Gerste
- Im Oktober 1917 Brot und Mehl
- Im März 1918 Butter, Fett und Öl
- Im Juni 1918 Käse
- Im Juli 1918 Milch
- Kartoffeln (ich fand nicht heraus ab wann)
Pro Person und pro Monat:
- 9 kg bis 9.3 kg (je nach Anzahl Tage des Monats) Brot
- 15 Liter Milch
- 150 g Butter
- 350 g Fett
- 250 g Käse
- 200 - 250 g Teigwaren
- 330 - 350 g Mehl
- 250 g Hafer und Gerste
- 500 g Mais
- 300 - 750 g Reis
- 9 kg Kartoffeln
- 500 g Zucker
Was waren die Rezepte?
- Erbsenmehlsuppe mit Reis
- Teigwaren mit Äpfeln
- Rumfordsuppe
- Sauerkraut mit Kastanien
- Reis mit Äpfeln
- Gerstenmehlsuppe mit Weizenflocken
- Hafergrützsuppe mit Kohlrabi, Kartoffeln und Karotten
- Karottensuppe mit Kartoffelmehl
Toll, dass ich momentan Ferien geniesse und Zeit für diese Nachforschung fand. Wobei mich die ganze Zeit ein unwohles Gefühl, ein Unbehagen beschlich, wie meine Vorfahren damals leben mussten.
Liebe Eda,
AntwortenLöschenwas du da noch alles gefunden hast, unglaublich beeindruckend. Ich kann mich noch gut nach dem 2. Weltkrieg erinnern, da sah es auch so ähnlich aus mit den jeweiligen Rationen. Wenn ich einmal wegschickt wurde zum Einkauf, hieß es immer:"Pass bloss gut auf die Marken auf, verlier nichts." Was weg war, war weg, es gab keinen Ersatz. Das waren harte Zeiten, obwohl auf dem Land zu leben einige Vorteile brachte, man hatte eigenes Gemüse und auch Obst. Uns als Flüchtlinge wurden Wiesenteile als Gärten zugewiesen und mein Vater hat tagelang geschuftet, um aus Wiesen Ackerland zu schaffen. Ährenlesen war im Herbst ebenfalls eine Aufgabe für Flüchtlinge, die aufgelesen Ähren brachte man in die Mühle, die es damals auch noch gab für jedermann, um daraus Mehl zu mahlen, jetzt klingt das alles so nach Nostalgie, damals bittere Überlebungsstrategien. Ein Vorteil hatte das Einteilen von Lebensmittel, erstens, nichts wurde weggeworfen und es gab kaum Übergewichtige. Du merkst du hast bei mir Erinnerungen wachgerüttelt, sie sind nicht unbedingt schlecht, es gab auch schöne Momente, man spielte und sang mehr miteinander, das hat mir immer gut gefallen.
Liebe Grüße
Edith
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenLiebe Eda,
Löschenes klappt nicht, warum auch immer.
Das ist sehr interessant, dass du so viele Sachen hast.
Ich habe auch noch Lebensmittelkarten und ein Kriegskochbuch aus dem 1. Weltkrieg von meiner Oma.
Ahnenforschung habe ich betrieben, als ich im Internet vor ein paar Jahren einen bösen Artikel über meinen Vater gelesen habe.
Daraufhin wurde ich tätig und habe die Spruchkammerakten im Staatsarchiv in Ludwigsburg eingesehen, nichts gefunden, nur, dass er in Torgau wegen Wehrkraftzersetzung von den Nazis zum Tode verurteilt war.
Verfolgen kann ich die Geschichte meiner Großeltern bis ins Jahr 1850, meine Oma ist 1887 geboren. Das ist alles in den Kirchenbüchern in Kurentschrift geschrieben, ich tat mich sehr schwer damit.
Meine Mutter mit ihren 5 kindern wäre zur Nazizeit verhungert, hätte sie nicht die Oma und den Bauernhof gehabt. Wenn Jemand von den Nazis zum Tod verurteilt war, bekam die Familie keine Unterstützung und mußte gucken, wie sie durchkam.
Ich habe viel recherchiert und Spruchkamerakten eingesehen, auch von Leuten, von denen ich niemals gedacht hätte, dass sie zu Nazizeiten soviel Dreck am Stecken hatten, dass sie als Beschuldigte eingestuft wurden. Ja, so ist das.
Mein Vater wurde kurz vor der Erschießung von der Roten Armee in Torgau befeit und sein weiterer Lebensweg ist geprägt von dann doch vielen Erfolgen.
Ich schreibe das mal in meinem Blog.
Das stimmt schon, meine Schwester ist 1935 geboren und hat das alles mitgemacht und sie ist heute noch gertenschlank und kann auch nichts wegwerfen. Das stimmt schon Übergewichtige gab es damals tatsächlich nicht, wie Edith das schreibt.
Lieben Dank für die Erinnerung, ich hoffe, dass das jetzt klappt.
Eva
Das sind ja sehr interessante Funde, vielen Dank fürs Zeigen und Erklären!
AntwortenLöschenWenn ich mir vorstelle, dass man mit der Monatsration (wenn man denn überhaupt alles bekommen hat, was sicher nicht immer der Fall war!) auskommen musste - also nein, davon wird man definitiv nicht dick.
So was muss man sich ab und zu mal vor Augen halten, damit man sieht, wie unverschämt gut es uns wirtschaftlich heutzutage in Mitteleuropa geht. Trotz Corona und trotz Krise.
LG
Centi
Solche Zeitreisen sollte man sich öfter gönnen...Ich habe mal aus Anlass eines Jubiläums meiner damaligen Schule für eine Ausstellung mit den Kindern die ganz konkreten Mengen der Lebensmittel zusammengestellt, die nach dem 2. Weltkrieg zur Verfügung standen - was waren die Besucher verwundert bis geschockt! Ich selbst habe diese harte Zeit nicht mehr wirklich erlebt, habe aber immer wieder über die Merkwürdigkeiten beim Essen bei meinen Eltern bzw. meinem Mann gestaunt, die auf diese Zeit voller Hunger & Entbehrungen zurückzuführen ist.
AntwortenLöschenAhnenforschung habe ich nicht betrieben, das hat mein Vater mit der ihm eigenen Gründlichkeit schon getan. Aber zu was kommt man in diesen Zeiten!
Alles Gute weiterhin!
Astrid